Menschen werden von Jesus Christus in die Lebensgemeinschaft mit ihm und seinen Jüngern berufen. Sie folgen diesem Ruf, fangen an zu glauben, lassen sich taufen, verwurzeln sich in seinem Wort, teilen miteinander Anbetung und Abendmahl, teilen ihren Glauben an die Liebe Gottes und ihr Leben miteinander und mit anderen. So entsteht und lebt damals wie heute Gemeinde von Jesus Christus. Er beruft zum Glauben und zur Gemeinschaft der Glaubenden.
Von dieser biblischen Grundlage her verstehen sich Freie evangelische Gemeinden als Gemeinden von Glaubenden im Sinne des allgemeinen Priestertums aller Glaubenden.
Das bedeutet, dass alle Glaubenden schon Heilige sind, nicht weil sie vollkommen wären, sondern weil Christus sie heiligt. So sind die oft so genannten „Laien“ (übersetzt: „die aus dem Volk“ Gottes) zugleich auch die Priester. Alle Glaubenden haben die gleiche Berufung, haben durch den Hohenpriester Christus den gleichen Zugang zu Gott und haben miteinander und füreinander priesterliche Aufgaben, nämlich füreinander zu beten, einander zu segnen, fürsorglich miteinander umzugehen, aufeinander zu hören und einer dem anderen die Sünden zu bekennen, worauf der andere im Namen Christi ihm die Vergebung zuspricht.
Diese priesterliche Seelsorge ist nicht nur der Leitung, dem Pastor oder einem Arbeitskreis Seelsorge anvertraut, sondern der ganzen Gemeinde. Sie geschieht auf vielfältige Weise überall da, wo Menschen im Namen Gottes für andere unterstützend da sind.
Auch im Blick auf die Lehre und die Verkündigung liegt die so genannte „Letztverantwortung“ nicht beim Pastor, nicht bei der Gemeindeleitung, sondern bei der ganzen Gemeinde.
So trägt jeder als Priester zum Gemeindeleben bei. Gegenseitig und wechselweise wird einer für den anderen zum Priester und damit zum Repräsentanten Christi. Und gemeinsam als Gemeinde sind sie Repräsentanten Christi und Zeugen der Liebe Gottes in dieser Welt. Dazu sind alle Glaubenden berufen und begabt. Das ist eine hohe Auszeichnung und eine besondere Verantwortung, die Gott jedem Glaubenden gibt.
So sehr nun alle die gleiche Berufung haben, so unterschiedlich und vielfältig sind sie von Gottes Geist beschenkt. Die Gemeinde ist wie ein Spiegelbild des dreieinen Gottes. So vielfältig und verschieden Menschen sind, mit dem, was sie haben (an Gaben), was sie tun (an Diensten) und was in ihnen steckt (an Kräften), sie sind zusammengebunden und eins im Glauben an den dreieinen Gott (1. Korinther 12,4-6).
Jeder Glaubende hat den Heiligen Geist empfangen, der ihm Gnadengaben zuteilt, also besondere Fähigkeiten, egal ob „natürlich“ oder „übernatürlich“. Diese sind unterschiedlich, dienen aber alle der Gemeinde und dem Miteinander. Keiner kann und hat alles, keiner kann und hat nichts. Alle Gnadengaben sind ergänzungsfähig und ergänzungsbedürftig durch andere. "Deshalb gilt (für die Gemeinde) „Jeder ist anders, aber alle sind gleich.“
Damit die Gnadengaben entdeckt, gefördert und für die Gemeinde eingesetzt werden, damit das Leben als Gemeinde Gottes der Berufung gemäß in dieser Wechselseitigkeit gelingt, damit trotz Schuld und Scheitern immer wieder aus der vergebenden Liebe Gottes Korrektur und Kraft geschöpft werden kann, hat Gott über die vielen persönlichen Dienste, die je nach Gaben und Gelegenheit zur Entfaltung kommen, bestimmte dauerhafte Dienste („Dienstämter“) eingesetzt: den Dienst der Leitung, der Verkündigung, der Lehre, der Seelsorge und der Organisation.
Diese Dienste hat er aber nicht einzelnen, sondern der ganzen Gemeinde anvertraut. Sie ist für diese Dienste verantwortlich. Deshalb ist das wichtigste Entscheidungsgremium einer Gemeinde die Gemeindeversammlung, die Gemeinschaft der Priester und Geistbegabten. Sie beauftragt in Gebet und Gespräch, im Hören auf Gottes Wirken und in seinem Namen Menschen mit diesen Diensten durch Beschluss, Einsegnung und Gebet. Oder anders gesagt: Gott beauftragt Glaubende mit diesen besonderen Diensten, indem er innere Gewissheit („ich bin beauftragt“) und äußere Bestätigung („wir beauftragen dich“) wirkt. Beides gehört zusammen. Nur so lassen sich diese Dienste tun. Mit ihnen sind keine besonderen Weihen, aber eine besondere Verantwortung verbunden, die immer in einem Team wahrgenommen wird.
Der Dienst der Leitung ist dabei ein wesentlicher Dienst im Rahmen des allgemeinen Priestertums aller Glaubenden. Er meint nicht Herrschaft, sondern Anleitung der Gemeinde zum gemeinsamen Leben im Glauben. Leiter sind „Gehilfen der Freude und nicht Herren über den Glauben“ (2. Korinther 1,24). Letzte Autorität haben Jesus Christus als das Haupt der Gemeinde, der Heilige Geist als die leitende Kraft der Gemeinde und das Evangelium als inhaltlicher Maßstab der Gemeinde. Deshalb bleibt menschliche Leitung immer hinterfragbar! Zugleich braucht sie das Vertrauen und die Achtung durch die Gemeinde.
Die Leiter haben gemeinsam die seelsorgliche Hirtenaufgabe, den Einzelnen wie auch das Ganze der Gemeinde im Blick zu behalten, diesen Blick immer wieder zu weiten und andere zu diesem weiten Blick anzuleiten für das Ganze der Gemeinde wie auch für einzelne Menschen, ihre Begabungen und Stärken, ihre Sorgen und Nöte.
Die Leiter haben gemeinsam die geistliche Leitungsaufgabe. Sie haben besonders zu achten auf eine evangeliumsgemäße Verkündigung und Lehrbildung, damit die Gemeinde weitergeführt wird in Glaube, Liebe und Hoffnung. Sie sind zuständig für die Durchführung von Gottesdienst, Taufe und Abendmahl, wobei sie diese delegieren können, weil grundsätzlich jeder Glaubende, der dazu beauftragt wird, diese durchführen kann.
Zur Gemeindeleitung gehört auch der Pastor. Er hat darüber hinaus keine herausgehobene Stellung. Was ist dann das Besondere? Er steht hauptberuflich im Dienst. Er leitet mit. Er ist Theologe (Lehrer), Prediger und Seelsorger – und zugleich öffentlicher Repräsentant der Gemeinde. In unserer Gemeindebundstruktur ist er ein wichtiges Bindeglied zwischen Gemeinde und Bund.
Er ist ganz in Verkündigung, Seelsorge, Lehre und Leitung tätig. Er ist dafür speziell ausgebildet und freigestellt. Er lebt davon (1. Korinther 9,14; Galater 6,6). Aber er tut und ist das alles nicht alleine. Er ist mit seinen Diensten eingebunden in die Gemeindeleitung, die gemeinsam diese Dienste verantwortet und im Einzelnen auch delegieren kann. Es gibt keinen Dienst, der ausschließlich an einen Pastor gebunden wäre. Insofern hat ein Pastor zwar keine herausgehobene Stellung, aber eine besondere Stelle. Er teilt mit allen anderen, egal, welche Aufgaben sie in der Gemeinde wahrnehmen, egal, zu welchen Diensten sie beauftragt sind, die gemeinsame Bestimmung, miteinander Gemeinde von Jesus Christus zu leben:
„Von Christus her wird der ganze Leib zu einer Einheit zusammengefügt. Ein Glied hängt am andern durch alle Gelenke, wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und dazu beiträgt, dass der Leib wächst und sich selbst aufbaut in der Liebe.“ (Epheser 4,16)